Autor Thema: Flexibilisierung der Arbeitswelt  (Gelesen 561 mal)

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Offline lara_ela

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Flexibilisierung der Arbeitswelt
« am: 10-01-2023, 09:40:42 »
Viele hatten es während der Pandemie: Homeoffice.
und es bewegt sich generell etwas in der Arbeitswelt. viel ändert sich. und ich hab in einem Interview gehöart, dass man jungen Leuten nicht pauschal Faulheit unterstellen darf, wenn sie sich eine andere Art der Arbeitswelt wünschen. mit mehr Mitbestimmung, mehr eigene Einteilung etc...
schwarze Schafe? ja, die gibt es. immer. überall! ich weiß nicht, wie sinnvoll es ist, alle an denen zu messen, die sich nicht "gut" verhalten...
wir hatten den Thread mit den 6h-Tagen - also 30 Stunden Woche = vollzeit. und dass die Produktivität dadurch nicht zurück geht.

nun gibt es wieder Studien:
https://vorarlberg.orf.at/stories/3189638/
flexiblere Arbeitswelt steigert die Produktivität.
Meine Freundin meinte zwar, sie konnte daheim nicht gut arbeiten, weil sie einfach zu abgelenkt war - und auch mein Exfreund hat lieber in der Firma gearbeitet als daheim, aber so im Großen und Ganzen scheint es schon so zu sein, dass das Arbeiten daheim eine gute Sache ist für sehr viele. und dass dadurch die Produktivität eben NICHT sinkt.

Selbstverständlich geht das nicht in allen Branchen. Genauso kann man bei vielen Dingen einfach nicht effizienter werden (wenn man 1h Massage bucht, kann nicht der Masseur nach 45 Minuten behaupten bereits fertig zu sein ;D), der Unfallchirurg kann nicht einfach weniger Stunden und die dafür von daheim aus arbeiten.... das ist alles eh klar.
aber viele Büroberufe könnten das bieten. Bei sehr vielen Dingen ist nicht wichtig, ob sie in der Früh oder am Abend erledigt wurden - sie müssen am soundsovielten fertig sein. wurscht wann erledigt.

oder selbst bei der Schichtarbeit gibt es schon Modelle, wo man sich die Schichten aussucht und bei dieser bleibt, wenn sie zu einem passt. So wie meine Freundin immer gerne den Samstag Abenddienst im Callcenter gemacht hat. sie waren da zu zweit drin oder so, es war ruhig, sie ist um 1 Uhr raus oder so und ist dann noch bissi ausgegangen und dann heim. warum sollte der Frühaufsteher, der mit der Frühschicht gut klar kommt, sich in die Spätschicht quälen und umgekehrt - vorausgesetzt es geht sich untereinander aus natürlich...

ich finde diese Entwicklung interessant.
und im Zusammenhang mit meinem anderen Post über die vermehrte Unternehmensgründung (und hier va EPU! über die Hälfte der Wirtschaftstreibenden sind EPU) glaube ich, dass die Arbeitnehmer großteils mehr Selbstbestimmung haben wollen. und auch generell mehr ein Miteinander als ein "von oben herab" - ohne, dass ich finde, dass mein Chef mein Freund sein muss.
(auch hier meine Erfahrung: in einem Hotel wurde ich nur herumgeschoben und man wusste nie, wann man arbeitet und wann nicht, konnte nichts planen. im anderen Hotel konnte man es sich gut ausmachen und als  ich dann gebraucht wurde, habe ich zwei Wochen ohne freien Tag durchgearbeitet ohne mich darüber aufzuregen. ganz einfach.)
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Offline hanni ohne nanni

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Re: Flexibilisierung der Arbeitswelt
« Antwort #1 am: 10-01-2023, 09:49:04 »
ich hab einige Jahre während des Studiums auf Werkvertragsbasis gearbeitet - und lass ich mal alle Nachteile weg, muss ich sagen, dass ich nie wieder so produktiv war wie damals. 

30 Stunden Vollzeit wäre ein Traum, aber ich fürchte, der wird nicht oder zumindest nicht so schnell erfüllt. 
ich kann theoretisch zwischen 6 und 20 Uhr arbeiten, praktisch ist halt einfach zwischen 8/9 und 14/15 Uhr am meisten los/zu tun.
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Offline lara_ela

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Re: Flexibilisierung der Arbeitswelt
« Antwort #2 am: 10-01-2023, 10:08:45 »
ich denke, der Werkvertrag wurde besonders damals echt ausgenutzt.
und genauso ist es heute leider häufig, dass viele Arbeitnehmer oder neue Selbstständige um ihre Rechte nicht wissen... und dieses Unwissen wird ausgenutzt - oder der Werknehmer weiß es selbst auch gar nicht besser! Unwissenheit gibt es oft genug
(Beispiele Unwissenheit:
- Jobangebote müssen seit 2011 verpflichtend das Gehalt ausweisen - wird nicht gemacht und ich wüsst nicht mal, wo ich das melden könnte.
- das Bruttogehalt ist nicht das, was der AG tatsächlich für einen AN bezahlt
- Auch Zeitausgleich hat einen Zuschlag, wenn die Überstunden oder Mehrarbeitszeit nach dem Durchrechnungszeitraum noch nicht abgebaut wurde
- Auch Mehrarbeit -> bei Teilzeit - hat einen Zuschlag, wenn sie stehen bleibt.
- Arbeitnehmer ist nicht dafür zuständig sich Arbeit zu suchen. das Risiko darf nicht übertragen werden --> man darf nicht heimgeschickt werden.
- Krankenstand zahlt in den ersten 6 Wochen der Arbeitgeber, nicht die Krankenkasse
- ....)

die Beispiele haben jetzt niht alle direkt mit dem Thema zu tun aber indirekt schon. Weil man sich einerseits manches als AG leichter vorstellt und manches als AN.... nicht jeder AG ist ein ausbeuterischer Kapitalist und niht jeder AN ein fauler Schnorrer.
insofern wird die Entwicklung interessant, weil viele alten Strukturen noch genau auf dieser Sicht beruhen.
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Online wuschelengel

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Re: Flexibilisierung der Arbeitswelt
« Antwort #3 am: 10-01-2023, 10:17:42 »
Mein Beruf gehört zu denen, wo die Kerntätigkeit im HO einfach nicht geht. Wir habens während der Pandemie teilweise trotzdem gemacht, aber es war dann natürlich nicht mehr das gleiche Angebot und ein unglaublicher Qualitätsverlust dahinter. 
Die verhältnismäßig wenige Zeit, die ich "Bürozeug" mache, also administrative Tätigkeiten, habe ich immer schon auch im HO machen dürfen, ich hab einen mobilen Zugang zu unserem..keine Ahnung wie das heißt, also ich kann überall aufs System zugreifen. 
Je nachdem, wie es privat bei mir ist, hat es gewechselt ob ich mehr oder weniger im HO oder am Arbeitsplatz mache. Es ist insofern wurscht, als ich sowieso da und dort alleine bin (in der Pandemie wars anders, ich durfte nicht an meinen leeren Arbeitsort und zuhause waren wir 4 Leute mit HO/Homeschooling und zu wenig Geräten und zu wenig Räumen und zu wenig Schreibtischen/Arbeitsplätzen). 

Mein Mann (auch kein richtiger Bürojob, aber mehr Schreibtischarbeit als bei mir) mag HO gar nicht. Er braucht die Kolleg*innen, den Austausch, die soziale Interaktion. Deswegen sind einzelne HO Tage praktisch für ihn (kann er auch selbst entscheiden), weil er sich die Fahrzeit spart und es für manche Termine effizienter ist, aber ansonsten mag ers nicht. 

Ich finde auch nicht, dass die junge Generation faul ist. Die Arbeitsdichte hat zB in ganz vielen Branchen massiv zugenommen in den letzten Jahrzehnten und mein Großvater zB hat selbstverständlich klassisch Vollzeit+ gearbeitet, in einem technischen Beruf, als Beamter in einem Staatsunternehmen. Er versteht meinen Mann nicht, der in seinem Sozialberuf nicht VZ arbeitet und meint, mein Mann hat gern viel "Freizeit". Weder sieht er die Familienarbeit, die mein Mann leistest als vollwertige Arbeit, noch kann er nachvollziehen, wie arbeitsintensiv ein Arbeitstag ist. Bei meinem Großvater war viel Arbeitszeit auch Pause oder man hat so vor sich hingearbeitet, aber es war wenig Termindruck da und das Arbeitstempo ein völlig anderes. Und mit 58(? jedenfalls vorm 60ger) war er in Pension. 

Auch in meinem eigenen Beruf ist die Arbeitsdichte irrsinnig gestiegen. Ich mache den gleichen Job beim gleichen AG jetzt fast 10 Jahre. Und die Aufgaben sind so massiv erweitert worden, Arbeitszeit oder Gehalt (bei mir auch TZ) aber nie angepasst worden. 

Und den letzten Absatz finde ich auch sehr relevant: die Selbstbestimmung bzw. auch: die Hierarchien. Da glaube ich, dass tatsächlich viele Junge einfach auf Augenhöhe angesprochen werden wollen, dass sie sich flache Entscheidungsprozesse wünschen und involviert sind. Da gehöre ich auch ganz stark dazu. Ich wäre auch gern Selbstständig, hab aber nix Gscheits gelernt und zudem keine Immobilie/kein Kapital und damit geht das nicht.
Von mir eröffnete Themen haben immer mit mir und meinem Leben zu tun, außer das geht explizit aus diesem hervor.

Offline lara_ela

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Re: Flexibilisierung der Arbeitswelt
« Antwort #4 am: 10-01-2023, 12:55:48 »
Ja die Wahlmöglichkeit macht den Unterschied! 
Im HO arbeiten zu müssen passt vielen sicher auch nicht. Aber die Möglichkeit zu haben ist für viele wichtig und am Ende zählt, dass die Arbeit gemacht ist!
Viele meiner Verwandten sind auch in Frühpension und davor auf regelmäßige Kururlaube (absichtlich so formuliert) gefahren... Es hat sich da echt viel geändert...

Der Interviewpartner im ö1 - ein Soziologie Professor, ich glaube Uni Wien - sagte, dass er die Argumentation der Arbeitgeber interessant findet, da sie agieren als hätten sie ein Recht auf Arbeitnehmer.
Und der Staat hätte dafür zu sorgen, dass sie zu ihrem Recht kommen.
Dabei muss jeder wirtschaftstreibende sein Angebot entsprechend anpassen, wenn es niemand haben will.
Arbeitnehmer machen das in Form von Schulungen schon lange.
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Re: Flexibilisierung der Arbeitswelt
« Antwort #5 am: 10-01-2023, 14:04:11 »
Ich finde das Thema voll spannend, und könnte dazu seeehr viel schreiben! (Aber mal schauen, ob ich mich hier aufraffe - nach 40 Stunden Bildschirmarbeit sind meine Augen so fertig, dass ich in der Freizeit nix am Bildschirm/PC schreiben will, und in der Arbeitszeit gehts nicht, auch nicht im Home Office.)  ;) 

Auf jeden Fall ist gerade ein großer Umbruch und Umdenken auf beiden Seiten (Arbeitnehmer und -geber) zu beobachten, und das wird im nächsten Jahrzehnt noch spannender werden. Die Coronakrise hat hier das Umdenken und auch die technische Umstellung sehr gefördert. Man muss aber dennoch unterscheiden zwischen einer Arbeitswelt im Krisenmodus und im Normalbetrieb! Das finde ich für die zukünftige Entwicklung und Diskussion voll wichtig, dass man nicht mit dem Argument kommt "Aber während Corona ging es ja auch so" (egal ob von Arbeitgeber oder -nehmerseite).
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Re: Flexibilisierung der Arbeitswelt
« Antwort #6 am: 10-01-2023, 14:12:49 »
Hier noch ein paar Artikel, zur Frage "Home Office vs. Büro" (nur eine von vielen Fragen in der Arbeitswelt), die ich interessant finde:

NZZ Home-Office oder Büro

Tiroler TZ Brave New Work Schreibtisch

ORF Virus verändert die Welt der Arbeit
« Letzte Änderung: 10-01-2023, 14:16:02 von FaceValue »
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Offline lara_ela

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Re: Flexibilisierung der Arbeitswelt
« Antwort #7 am: 10-01-2023, 14:20:24 »
ja völlig richtig! die Frage ist, ob es in einer bestimmten Situation super funktioniert, weil man auch irgendwie das Gefühl hat, da jetzt durch zu müssen (zum Beispiel), oder ob es generell super funktioniert!
trotzdem hat diese Corona Zeit gezeigt, was möglich ist, auch technisch und hat vielen dazu verholfen sich vielleicht auch besseres Equipment zuzulegen, sich zu informieren etc... nd eben ist die Frage nach der Ersetzbarkeit vermehrt aufgetaucht uvm.

jo... 40h Bildschirmarbeit, weil du den "falschen" KV hast - bei der Telekom hatte ich jede Stunde 10min Bildschirmpause, bei unito bei der gleichen Arbeit nicht. das ist etwas, das ich nie verstehen werde...
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Re: Flexibilisierung der Arbeitswelt
« Antwort #8 am: 10-01-2023, 14:57:45 »
Und den letzten Absatz finde ich auch sehr relevant: die Selbstbestimmung bzw. auch: die Hierarchien. Da glaube ich, dass tatsächlich viele Junge einfach auf Augenhöhe angesprochen werden wollen, dass sie sich flache Entscheidungsprozesse wünschen und involviert sind.

Dazu möcht ICH aber eins anmerken: Das geht halt auch nicht immer...bzw. ist Involvierung der AN auch nur begrenzt sinnvoll, manche Dinge brauchen Hierarchie und Autorität...und was mir allgemein im Arbeitsleben (und eigentlich auch generell) mehr auffällt als früher (ob es wirklich so IST, kann ich nicht beweisen, mir fällt's eben nur mehr auf): Jeder will überall mitreden und gefragt werden, nur verantworten will's keiner, DAS soll dann bitte schon der AG machen... ;) (das is für mich übrigens ein Aspekt einer wirklich guten Führungskraft, die hat ein Gespür dafür, wann es angebracht ist, die Mitarbeiter:innen um ihre Meinung zu fragen, und wann nicht)

Was Homeoffice angeht: Mir hat's eigentlich ganz gut gefallen, von daheim zu arbeiten, ich war da an manchen Tagen viel produktiver als im Büro - einfach weil die Ablenkung durch die Kollegen wegfällt...mich reißt's schon ausm Arbeiten raus, wenn wer am Zimmer vorbei geht oder wenn wer ins Zimmer kommt und meinen Kollegen was fragt - das gibt's daheim alles nicht...fürs nächste Mitarbeitergespräch hab ich mir eh vorgenommen, drüber zu reden, dass ich in Zukunft gern fix einen Tag HO hätt...

Allgemein find ich es auch gut, dass die verkrusteten Strukturen ein bissl aufbrechen und die Hierarchien flacher werden...bzw. find ich es auch gut, dass sich die Arbeitswelt verändert und flexibler gestaltet...es is halt wie bei allem, es muss ein Geben und Nehmen sein, Involvierung ja, aber halt nicht grenzenlos...umgekehrt Hierarchie ja, aber halt auch nicht bedingungslos...in Wahrheit war's eh überfällig, dass nach den vielen Jahren, in denen der Machtschwerpunkt auf der AG-Seite lag, das jetzt wieder ausgeglichener wird, bzw. zugunsten der AN geht...

Ich bin auch überzeugt, dass wir in den nächsten Jahrzehnten da generell massive Umbrüche erleben werden, es wird Dinge wie ein bedingungsloses Grundeinkommen geben, ebenso wie eine generelle Reduktion der Normalarbeitszeit...einfach weil sich sonst keine Leute für manche Jobs mehr finden werden, bzw. weil es viele Jobs auch gar nicht mehr geben wird...
Das Leben ist jetzt! :D

Scheiß aufs Leben, Hauptsoch' es gibt Kaffee!

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Re: Flexibilisierung der Arbeitswelt
« Antwort #9 am: 10-01-2023, 17:01:04 »
Ich brauch kaum Hierarchie und schon gar keine Autorität in meinem Arbeitsleben  ;) (für mich selbst) 
Ich arbeite auch völlig alleine an meinem Arbeitsplatz, mit voller Verantwortung und trotzdem werden viele Entscheidungen von Vorgesetzten getroffen, die meinen Arbeitsplatz tw. noch nie betreten haben, keine adäquate Ausbildung haben und die null Idee haben, wie die Arbeit überhaupt gemacht werden kann.  

Ich gebs aber gern zu, ich kann echt gar nicht mit steilen Hierarchien und erst recht nicht mit unserer ewig langen Entscheidungskette.
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